GERMAN-FOREIGN-POLICY.com Informationen zur deutschen Außenpolitik: Nachrichten + Interviews + Analysen + Hintergründe

  • Ein „Fachbesuch” auf Taiwan
    am Dienstag, 21. März 2023 um 20:00

    (Eigener Bericht) – Die Bundesregierung setzt ihr Rütteln an der Ein-China-Politik und ihre Provokationen gegen Beijing fort und entsendet Forschungsministerin Bettina Stark-Watzinger nach Taiwan. Stark-Watzinger ist am gestrigen Montag als erste Bundesministerin seit über einem Vierteljahrhundert nach Taipeh aufgebrochen. Rein formal bewegt sich ihr Besuch noch im Rahmen der Berliner Ein-China-Politik, die lediglich Reisen „souveränitätsrelevanter“ Staats- und Regierungsvertreter, darunter Bundespräsident oder Außenministerin, auf die südchinesische Insel untersagt. Faktisch intensiviert Berlin mit dem Besuch aber die offiziellen Kontakte nach Taipeh, während ein Bundestagsabgeordneter aus Stark-Watzingers Partei, der FDP, einen formellen Bruch mit den Konventionen der Ein-China-Politik empfiehlt. Die deutschen Leitmedien sind derweil einheitlich zu einer Sprachregelung übergegangen, die ganz offen mit der Ein-China-Politik bricht: Taiwan sei „nie Teil der Volksrepublik“ gewesen. Damit fallen sie der führenden Oppositionskraft auf Taiwan in den Rücken, die am Ein-China-Prinzip festhält und sich in Verhandlungen um Entspannung und einen Ausgleich mit Beijing bemüht.

  • Die Jahrestage dreier Angriffskriege
    am Montag, 20. März 2023 um 19:46

    (Eigener Bericht) – Die ersten Bombardierungswellen dreier völkerrechtswidriger Angriffskriege, die für die Täter keinerlei Konsequenzen hatten, jähren sich in dieser Woche. Heute vor 20 Jahren starteten US-Truppen die Invasion in den Irak, an der sich britische, australische und polnische Einheiten beteiligten. Sie wurde mit offenen Lügen legitimiert und diente genauso machtstrategischen Zielen wie der Überfall auf Libyen, den französische Kampfjets gestern vor zwölf Jahren einleiteten – erst unter Berufung auf eine Resolution des UN-Sicherheitsrats, die allerdings umgehend gebrochen und illegal zum Sturz der libyschen Regierung missbraucht wurde. Am Freitag vor 24 Jahren überfielen NATO-Truppen, darunter deutsche, ebenfalls völkerrechtswidrig Jugoslawien, um dessen südliche Provinz Kosovo abzuspalten. Außenministerin Annalena Baerbock fordert unter großem medialen Beifall, das Führen von Angriffskriegen dürfe nicht „straflos bleiben“, will dies freilich – ebenso wie die deutschen Leitmedien – nicht auf westliche Kriege bezogen wissen. Dasselbe gilt für schwerste Kriegsverbrechen, die westliche Soldaten begangen haben. Bestraft werden lediglich Whistleblower, die sie aufzudecken halfen.

  • Kriegsvorbereitungen am Pazifik
    am Freitag, 17. März 2023 um 21:29

    (Eigener Bericht) – Die Bundesregierung hält am Wochenende in Tokio erstmals deutsch-japanische Regierungskonsultationen ab und plant insbesondere auch eine Ausweitung bilateraler Kriegsübungen am Pazifik. Kanzler Olaf Scholz und sechs Minister, darunter Verteidigungsminister Boris Pistorius, treffen morgen zu Gesprächen mit ihren japanischen Amtskollegen zusammen, um die Kooperation zwischen den beiden Staaten zu intensivieren. Das geschieht in einer Zeit, in der nicht nur Japan massiv aufrüstet, seinen Militärhaushalt um über die Hälfte aufstockt und Raketen sowie Cruise Missiles beschafft, die China erreichen können. Auch die Vereinigten Staaten bauen ihre Militärpräsenz im Umfeld der Volksrepublik dramatisch aus, setzen sich mit ihren Streitkräften geballt auf der ersten Inselkette vor der chinesischen Küste fest – von Japan über Taiwan bis hin zu den Philippinen – und formen Australien zu einer Art rückwärtiger Operationsbasis für etwaige Angriffe auf China. Sogar Militärbasen auf kleinen Inseln im Pazifik werden ausgebaut, um den Nachschub aus den USA für Kämpfe in Ostasien zu sichern. Die Bundeswehr weitet parallel ihre Manöver in der gesamten Region aus.

  • „Eine Gefahr für die Demokratie”
    am Donnerstag, 16. März 2023 um 20:42

    (Eigener Bericht) – Starker Protest in Israel begleitet den heutigen Besuch des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu in Berlin. Gegner seiner ultrarechten Regierung haben vergeblich gefordert, die Bundesregierung solle Netanyahu ausladen: Seine sogenannte Justizreform schaffe die Kontrolle der Regierungspolitik durch das Oberste Gericht ab, heißt es in einem Protestschreiben von rund 1.000 Intellektuellen; Israel befinde sich unter Netanyahu „auf dem Weg ... zu einer theokratischen Diktatur“. Gegen die Justizreform gehen in Israel seit Monaten Hunderttausende auf die Straße. Die Bundesregierung hält an den heutigen Gesprächen fest. Darin geht es zum einen um die Lieferung des israelischen Raketenabwehrsystems Arrow 3, dessen Erwerb in Deutschland als Alternative zum Kauf des US-Systems THAAD und damit zu einer noch stärkeren Abhängigkeit von der US-Rüstungsindustrie gilt. Darüber hinaus steht auch ein Austausch über die Iran-Politik auf dem Programm. Tel Aviv ist jüngst von der Sabotage iranischer Atomanlagen zu Angriffen auf iranische Rüstungsanlagen übergegangen und hofft auf ein gemeinsames Vorgehen mit dem Westen, weil Iran Russland mit Waffen beliefert.

  • Rüstungstreiber Europa
    am Mittwoch, 15. März 2023 um 21:07

    (Eigener Bericht) – Die europäischen NATO-Staaten und die asiatisch-pazifischen Verbündeten des Westens im Machtkampf gegen China haben ihre Großwaffeneinfuhr in den vergangenen Jahren stärker gesteigert als jede andere Weltregion. Das geht aus den jüngsten Waffenhandelsstatistiken des Stockholmer Forschungsinstituts SIPRI hervor. Während etwa Afrika, Südamerika und sogar der Nahe und Mittlere Osten ihre Großwaffenimporte im Fünfjahreszeitraum von 2018 bis 2022 gegenüber dem vorigen Fünfjahreszeitraum (2013 bis 2017) teils deutlich reduzierten, nahmen die Einfuhren der europäischen NATO-Staaten um 65 Prozent zu; sie bestanden zu beinahe zwei Dritteln aus Waffenkäufen in den USA. Die USA stellten zwei Fünftel aller Waffenexporte weltweit. Deutschland liegt auf der Rangliste der Großwaffenexporte auf Platz fünf; es verzeichnet starke Auftragsbestände, darunter 29 Kriegsschiffe – mehr als jedes andere Land. Weiteres Rüstungswachstum ist vor allem in der NATO zu erwarten, wo ein Zielwert für die Militärhaushalte in Höhe von drei Prozent der Wirtschaftsleistung diskutiert wird. Dramatische Steigerungen ihrer Wehretats kündigen auch asiatisch-pazifische Rivalen Chinas an.

  • „Auf der Seite der Diplomatie“ (III)
    am Dienstag, 14. März 2023 um 21:12

    (Eigener Bericht) – Der Grünen-Außenpolitiker Jürgen Trittin sagt für den Herbst starken Druck des Westens auf die Ukraine voraus, den Krieg mit Russland in Verhandlungen zu beenden. Entsprechende „Signale“ habe es unlängst aus der US-Administration gegeben, berichtet Trittin. Ursache sei ein Stimmungsumschwung in der US-Bevölkerung, der die weitere Unterstützung für die Ukraine im bevorstehenden US-Präsidentschaftswahlkampf nicht ratsam erscheinen lasse. Während sich damit abzeichnet, dass Kiew einen Kurswechsel vollziehen muss, intensivieren mehrere Staaten außerhalb des transatlantischen Westens den Einsatz für einen Waffenstillstand. So setzt Brasilien seine Bemühungen um Friedensverhandlungen zwischen Russland und der Ukraine fort. Wie der Außenminister Saudi-Arabiens, Prinz Faisal bin Farhan al Saud, nach Besuchen in Kiew und in Moskau mitteilt, treibt auch Riad entsprechende Aktivitäten voran. Laut Berichten wird in Kürze Chinas Präsident Xi Jinping zu Gesprächen in Russland erwartet; demnach will er anschließend mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj sprechen. Anders als der Westen begrüßt Selenskyj die Verhandlungsinitiativen schon jetzt.

  • Seemacht EU
    am Montag, 13. März 2023 um 22:04

    (Eigener Bericht) – Die EU-Kommission legt ein Update ihrer Maritimen Sicherheitsstrategie vor und dringt auf eine umfassende Marineaufrüstung und auf jährliche EU-Seemanöver. Wie der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell erklärt, müsse die Union „in Zeiten steigender geopolitischer Spannungen ... lernen, sich auch auf See durchzusetzen“. Die neue EU-Strategie, die nun noch von den Mitgliedstaaten gebilligt werden muss, sieht nicht nur Maßnahmen zur Bekämpfung von Piraten oder zur Verhinderung von Waffenschmuggel vor, wie sie bereits mit der Operation Atalanta am Horn von Afrika oder mit der Operation Irini vor der Küste Libyens durchgeführt werden. Ausdrücklich geht es auch um militärische Aktivitäten vor dem Hintergrund des zunehmenden „strategischen Wettbewerbs“ mit anderen Staaten „um Macht und Ressourcen“. In speziellem Maß nimmt die EU den Indischen und den Pazifischen Ozean („Indo-Pazifik“) in den Blick, der als „Gebiet eines intensiven geopolitischen Wettbewerbs“ charakterisiert wird. Gemeint ist der Machtkampf des Westens gegen China, der zur Zeit rasant eskaliert.

  • Entkoppeln und aufrüsten
    am Freitag, 10. März 2023 um 23:01

    (Eigener Bericht) – Die Bundesregierung bereitet ein Verbot der Nutzung chinesischer Technologie in den deutschen 5G-Netzen vor und treibt so die technologische Entkopplung von China voran. Wie berichtet wird, hat das Bundesinnenministerium die Netzbetreiber aufgefordert, eine Liste der kritischen Bauteile in ihren Netzen vorzulegen; das gilt als Vorstufe für den Ausschluss von Komponenten von Huawei und ZTE. Sorgen, das Vorhaben könne gesetzeswidrig sein und allzu hohe Kosten verursachen, sucht Berlin mit einer Gesetzesänderung und langen Übergangsfristen auszuräumen. Währenddessen dehnen die Vereinigten Staaten ihr Halbleiterembargo aus, zwingen verbündete Staaten – darunter besonders die Niederlande –, sich anzuschließen, und nehmen schon weitere Maßnahmen zur Entkopplung von der Volksrepublik ins Visier. Gleichzeitig rüsten sie und ihre Verbündeten in Ostasien – Japan, Südkorea und Taiwan – heftig auf, während auch die Bundesrepublik ihre Aktivitäten in der Asien-Pazifik-Region intensiviert sowie vor allem ihre Kriegsübungen dort verstärkt. China kündigt an, es werde sich, sollte der Westen an der Eskalation der Lage festhalten, zur Wehr setzen – mit allen Mitteln.

  • Tatort Ostsee (IV)
    am Donnerstag, 9. März 2023 um 20:53

    (Eigener Bericht) – Deutsche und US-amerikanische Medien suchen mit einer alternativen Tatversion zum Anschlag auf die Nord Stream-Pipelines den begründeten Verdacht einer staatlichen US-Täterschaft zu verdrängen. Laut Berichten, die auf beiden Seiten des Atlantik im Lauf des Dienstags veröffentlicht wurden und sich auf anonyme US-Regierungsquellen wie auch auf unbestätigte Ermittlungen deutscher Behörden stützen, soll eine sechsköpfige Gruppe eventuell ukrainischer oder russischer Nationalität die Tat mit Hilfe einer in Rostock gemieteten Jacht im Alleingang begangen haben. Man habe, heißt es, keinerlei Hinweise auf irgendeine staatliche Mitwirkung. Das erstaunt auch deshalb, weil bisher aufgrund des erforderlichen immensen Aufwands eine staatliche Täterschaft als einzige feststehende Tatsache galt. Zum Beleg für die alternative Tatversion wird erklärt, die deutschen Ermittler hätten Mitte Januar Sprengstoffspuren auf einem Tisch in der Jacht entdeckt – fast vier Monate nach der Tat. Die alternative Version leistet vor allem eins: Sie lenkt den Verdacht von den USA ab, die nach Recherchen des US-Journalisten Seymour Hersh die Tat begangen haben.

  • Freie Marschrouten
    am Mittwoch, 8. März 2023 um 21:38

    (Eigener Bericht) – Die EU treibt den Ausbau ihrer Verkehrswege in Richtung Osten für militärische Zwecke voran und vermeldet inzwischen greifbare Erfolge. Demnach haben erste Maßnahmen, die unter dem Schlagwort „militärische Mobilität“ („military mobility“) umgesetzt wurden, bereits zu Erleichterungen beim Transport von Kriegsgerät aller Art aus den Mitgliedstaaten von EU und NATO in die Ukraine geführt. Weitere Schritte werden gegenwärtig umgesetzt oder sind geplant, so zum Beispiel der Bau einer Brücke aus Rumänien über den Fluss Prut nach Moldawien, das fürchtet, in den Krieg gezogen zu werden. Vor allem geht es darum, potenzielle „militärische Hauptrouten“ auch militärisch nutzbar zu machen – etwa Straßen und Brücken so umzubauen, dass sie unter der Last überaus schwerer westlicher Kampfpanzer nicht zusammenbrechen. Der Ausbau der militärischen Mobilität wird in enger Abstimmung mit Soldaten der NATO-Staaten geplant, deren Erfahrungen aus Manövern in Ost- und Südosteuropa genutzt werden, um die Verkehrswege für die Streitkräfte zu optimieren. An einschlägigen Maßnahmen beteiligt ist unter anderem die Deutsche Bahn AG.